„War das jetzt rassistisch?“

Rassismuskritik in der Ausbildung von Primarstufenlehrer:innen

© KPH

„Was bedeuten die Abkürzungen PoC und BIPoC?“ „Wie erkenne ich Rassismus?“ „Woran erkenne ich diskriminierungsfreie Lehrmaterialien?“ „Was kann ich tun, wenn ich von Rassismus betroffen bin?“ „Darf ich in Diskussionen zum Thema Rassismus Emotionen zeigen?“ „Lohnt es sich, gegen Rassismus zu kämpfen?“ 

Diese und zahlreiche weitere Fragestellungen zu rassismuskritischer Bildung wurden am 9. April 2024 im Rahmen des Workshops „War das jetzt rassistisch?“ thematisiert. Die Veranstaltung fand bereits zum zweiten Mal im Kontext der Seminare „Ethik und Gewaltprävention“ sowie „Menschenwürde und Menschenrechtspädagogik“ statt.

Als Referentin war Melanie Kandlbauer, Antirassismusexpertin, Buchautorin und Mitbegründerin des Vereins „D!SRUPT“, einem Verein zur diskriminierungs- und rassismuskritischen Bildungszusammenarbeit und für politische Teilhabe mit Sitz in Wien, geladen. Sie hat etwa 140 Studierenden und 15 Lehrenden der KPH Wien/Krems, ausgehend von sehr unterschiedlichen Impulsen, erste Perspektiven für eine weiterführende Auseinandersetzung mit Rassismus und Rassismuskritik (nicht nur) im Kontext Schule eröffnet. 

Sind Ihnen beispielsweise die Komponisten und Musiker Ignatius Sancho oder Joseph Bologne, Chevalier de Saint-George bekannt? Beide waren Zeitgenossen Mozarts und erfreuten sich zu Lebzeiten großer Beliebtheit. Heute sind sie weitgehend in Vergessenheit geraten. Dies ist ein Beleg dafür, dass auch kulturelle Bestände wie der Kanon der klassischen Musik von rassistischen Wahrnehmungs- und Denkmustern geprägt sind, die über die Jahrzehnte und Jahrhunderte tradiert wurden und werden. Ähnliches gilt auch für akademische Wissensbestände.

Mit Beispielen aus Geschichte, Popkultur und dem Schulalltag hat Melanie Kandlbauer deutlich gemacht, dass Rassismus ausnahmslos überall stattfindet bzw. wirkt. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass es sich um eine Herrschaftsideologie handelt, die zu einem bestimmten Zeitpunkt der Geschichte (Stichwort Kolonialisierung) besonders große Wirkmacht entfaltet hat. Aufklärung und Kapitalismus haben schließlich zur weiteren Konsolidierung des Rassismus beigetragen. Die Auswirkungen sind bis heute manifest. Daher ist es wichtig, analytische Instrumentarien zu kennen, um Rassismus in unterschiedlichen Kontexten angemessen begegnen zu können. Dementsprechend werden verschiedene Dimensionen des Rassismus unterschieden, um diese Herrschaftsideologie angemessen erfassen zu können: die historische, die strukturelle, die institutionelle und die individuelle Dimension. 

„Rassismus lebt von unserem Unwissen, davon, dass wir ihn nicht als solchen wahrnehmen, davon, dass wir nicht gegen ihn eintreten und davon, dass er noch immer zu wenig thematisiert wird.“ (Josephine Apraku, 2023)

Lehramtsstudierende im Rahmen ihrer Ausbildung für rassistische Diskriminierung zu sensibilisieren und in weiterer Folge deren Relevanz für Schule und Unterricht zu reflektieren, ist mit Blick auf die Professionalisierung von Lehrer:innen ein zentrales Anliegen an der KPH Wien/Krems. Inklusion ist ohne rassismuskritische Bildung nicht denkbar. Auch dies ist durch den Austausch zwischen den Studierenden und mit der Referentin deutlich geworden. 

Letztlich, nein, zuallererst geht es um eine gerechte und nach allen Möglichkeiten gebotene chancengleiche Gestaltung unserer Gesellschaft. Dieses Anliegen, getragen von einer intersektionalen Perspektive, verbindet die Mitglieder des Vorbereitungsteams, das unter der Leitung von Elisabeth Zissler, HS-Prof. für Ethik, und auf Initiative von Sylvia Inou, Leiterin des Instituts Christliche Religion, für die Organisation der Veranstaltung verantwortlich zeichnet. Dem entspricht auch die zentrale Erkenntnis des Workshops: Im Kampf gegen Rassismus braucht es ein Wir.

Text: Christine Rajič

Links:

https://www.disruptverein.at/

https://antirassismustage.at/

https://www.asyl.at/de/

ZARA - Zivilcourage & Anti-Rassismus-Arbeit

 

                                                                                                                                           

Publiziert am: